Elke Schieber, Leiterin der Sammlungsabteilung im Filmmuseum Potsdam, beendet ihr Berufsleben. Am 8. Juni 2007 war ihr letzter Arbeitstag, kurz danach feierte sie einen runden Geburtstag und ist nun auf Reisen, unterwegs in einer neuen Lebensphase.
Als Sammlungsleiterin hat sie seit 1990 - zuerst fast allein und nach und nach gemeinsam mit einer wachsenden Gruppe von Fachleuten (2007: 9 Mitarbeiter auf 6,5 Stellen) - aus einer Technischen Sammlung in fragwürdigem Zustand eine facettenreiche, großartige und weitgehend erschlossene Sammlung aufgebaut: Material zu Tausenden Filmen aus allen Jahrzehnten der Babelsberger Produktion von 1912 an, Sammlungen zu Künstlern, Technikern, Handwerkern und Managern, denen diese Filme zu verdanken sind. Die prominenten Namen wie Asta Nielsen oder Andreas Dresen schmücken das Verzeichnis der Objekte, Fotos und Dokumente. Nutzer aus aller Welt, Studenten, Journalisten und Wissenschaftler, recherchieren heute im Internet und direkt vor Ort.
Elke Schieber war immer wieder auch Kuratorin für Ausstellungen und als solche u. a. 1997 für "Mythos Romy Schneider" zuständig, eine umfangreichen Schau mit wunderbaren Originalen, die auch in Wien gezeigt wurde. Sie organisierte Veranstaltungen im Museum, arbeitete für Koproduktionen des Museums mit Wissenschaftseinrichtungen, u. a. 2006 am Konrad-Wolf-Symposium mit der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg, publizierte und hielt Vorträge. Sie führte Zeitzeugengespräche und sorgte dafür, dass auch andere Filmhistoriker im Auftrage des Museums Erinnerungen von mehr als 200 Protagonisten an ihre Filmarbeit festhielten. Ihr lag viel am jüdischen Thema im deutschen Film und sie verfolgte es in all ihren Arbeitsgebieten - sie wird weiter daran arbeiten.
Zu den für Außenstehende unsichtbaren Leistungen, die hinter wichtigen Erwerbungen für die Sammlungen stehen, gehören lange Gespräche mit zahllosen Künstlern oder ihren Erben, von denen manche auch gern spät abends den privaten Telefonanschluss der Historikerin anwählten oder dem Museum jahrelang mal zu- mal absagten. Elke Schieber hat Lebens- und Filmgeschichten zugehört, sie aufgezeichnet und ist für Sammlungsgeber oft eine Vertraute geworden. Sie war immer beteiligt, wenn es darum ging, Geld für Ankäufe einzuwerben - auch das ein riskantes Spiel mit der eigenen Belastbarkeit und Geduld.
Bevor Elke Schieber 1990 im Filmmuseum begann, war sie Autorin, Regisseurin und Dramaturgin im DEFA-Dokumentarfilmstudio Babelsberg. Die Geschichte ihres Ausbildungs- und Arbeitslebens ist bunt: In Quedlinburg geboren, erwarb sie mit dem Abitur ein Facharbeiterzeugnis als Betriebs- und Verkehrsfacharbeiter, sie studierte Gartenbau in Berlin, arbeitete am Institut für Pflanzenzüchtung in Kleinmachnow, war kurze Zeit Kellnerin und kam dann endlich als Regieassistentin zum Film. Das Studium an der Filmhochschule zur Filmwissenschaftlerin mündete in eine Arbeit als Redakteurin bei der Fachzeitschrift "Film und Fernsehen".
Zum Abschied vom Arbeitsleben mochte Elke Schieber keine Feierlichkeiten, wünschte sich nur einen georgischen Film aus ihren Jugendjahren im Museumskino. Endlich wird sie nun das tun können, wonach sich die Getriebenen der westlichen Arbeitswelt vergebens sehnen: träumen, sich treiben lassen, zu spät kommen - wie der Held ihres Wunschfilms "Es war einmal eine Singdrossel"...
Potsdam, den 8. Juni 2007
Bärbel Dalichow
Direktorin Filmmuseum Potsdam