Gedenken an Günther Rücker

Letzter Gruß


Von Günter Reisch
Befreundet waren wir seit über 50 Jahren, bekannt schon früher durch seine Hörspiele. Den Kontakt zu ihm schuf Inge Keller. Sie war fasziniert von diesem jungen Autor, Regisseur und kritisch denkenden Sozialisten.
Günther Rücker, wortgewaltig, seitenkarg, schrieb auf wenigen i Blättern Geschichten, die bei anderen Romane gefüllt hätten. Wir genossen mit ihm die ausstrahlende Sinnlichkeit einer seltenen Erzählkunst. So danke ich ihm vieles. Einige seiner literarischen Anregungen wurden gemeinsame Filme, wie »Wolz - Leben und Verklärung eines deutschen Anarchisten« und »Die Verlobte«.
Er brachte mich dazu, in Darstellungen historischer Vorgänge nicht die Taten von Persönlichkeiten zu beschreiben, sondern die Reflexion der Geschichte in ihnen selbst. Keine äußere Betrachtung zu vermitteln, sondern innere Vorgänge erlebbar machen.
Seine Erzählungen erinnern an die Dichte der Beschreibung, wie sie. bei Kleist zu finden ist. Doch seine barocken Wortfügungen führen noch weiter zurück. Auf kleinsten Raum gedrängt. ließ er ausufernde Lebenszeugnisse unserer Zeitgenossen in nachfühlbaren Widersprüchen erlebbar werden. Er konnte Dramen auf ein befreiendes Märchen reduzieren und erschütterte uns mit solchem Spiegel der Wirklichkeit. Wir genossen sein besinnliches Denken konzentriert in poetischen Formen.
In seiner letzten Nachricht aus Meiningen vom 13. Dezember 2007, anlässlich der Buchpremiere seines Erzählungsbandes »Erste Liebe« von seiner Frau notiert. noch einmal an seine Leser:
»Ihr lieben, lieben Freunde, wie soll ich danken für die Ehre, die Ihr mir da gebt. Was Ihr mir da au auf dem Weg, der vor mir liegt, schenkt, ist nun das Schönste, das einem wie mir widerfahren kann.
Lest das, was Christel (Berger G. R.) so lieb zusammengetragen hat, bitte nicht als Literatur, lest es als eine Art Abschiedsgruß, den ich fand und Euch mit einem letzten Händedruck zuschicke.
Lebt wohl, meine Liebe ist bei Euch!
Euer Günther«


Aus Neues Deutschland, 25.02.2008