"Mutter und Kind", nach Friedrich Hebbels dramatischem Gedicht von 1857, ist ein anspruchsvoller literarischer Stoff, der sich als Kampf einer jungen Mutter um ihr Kind zusammenfassen lässt. Leihmutterschaft war zu Hebbels Zeiten eine Verdienstmöglichkeit für proletarische Paare, 1924 jedoch kaum mehr. Doch der dramatische Konflikt, den der Film konsequent ansteuert, bleibt zugkräftig. Natürlich kann sich die von Henny Porten verkörperte Figur nicht von ihrem Pflegekind trennen. Sie ist bereit, die mit der Leihmutterschaft erkaufte materielle Existenz und darüber hinaus sogar ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Den Höhepunkt des Films markiert ihre nächtliche Flucht mit dem Säugling auf einem Floß die Saale hinab. Millionen stockte damals der Atem, ob des Realismus der Szene und des bis zum Äußersten betonten Naturalismus im Spiel der Hauptdarstellerin, die zur Furie wird, wenn ihr Liebstes bedroht wird. Der Film war ein großer Erfolg, nicht nur in Deutschland: "Ein künstlerischer Volksfilm" (Film-Kurier, 1924), jubelte selbst die anspruchsvollere Kritik.
Der Verein CineGraph Babelsberg, Berlin-Brandenburgisches Centrum für Filmforschung e.V. erforscht unbekanntes deutsches Filmerbe und präsentiert es in öffentlichen Veranstaltungen. CineGraph Babelsberg gibt die Zeitschrift "Filmblatt" heraus sowie eine Buchreihe unter dem Titel "Filmblatt Schriften". Im neuen Band dieser Reihe untersuchen Mitglieder von CineGraph Babelsberg Henny Portens Rollenbilder in wiederentdeckten Filmdramen und Komödien aus den Jahren 1911 bis 1928: "Henny Porten - Gretchen und Germania. Neue Studien zum ersten deutschen Filmstar". Hg. von Jürgen Kasten und Jeanpaul Goergen, 184 Seiten, 15 (ISBN 978-3-936774-07-8).
Vergangene Vorstellungen
26 Mai 2012 | 20:00