Foto niederländischer Zwangsarbeiter

Gefangen in der Filmstadt - Zwangsarbeit in den Studios Babelsberg

Dr. Almuth Püschel (aus einem Vortrag vom 27. Januar 2011 im Filmmuseum Potsdam im Rahmen einer Veranstaltung der Fachhochschule Potsdam und Universität Potsdam, Studiengang Europäische Medienwissenschaft)

"[...] Den ersten Hinweis auf den Einsatz von Kriegsgefangenen auf dem Gelände der Ufa gibt eine Gebäudeliste, die mit dem 11. Juli 1941 datiert ist. Unter Nr. 72 findet man eine Kriegsgefangenen-Baracke. ...
Laut Ufa-Vorstandsbeschluss vom 11. November 1942 erwarb die Ufa zwei benachbarte Flächen im Umfeld der Rosenstraße / Stahnsdorfer Straße (H. Goeringstraße), unmittelbar am Sportplatz gelegen. Dort hatte die Ufa bereits ein Barackenlager errichtet. Laut einer Lagerzählung innerhalb des Berliner Autobahnrings durch den Generalbauinspekteur für die Reichshauptstadt Berlin Speer bot es Platz für etwa 600 Insassen. ...
Eine Aufstellung weist aus, dass 45 Zwangsarbeiter als Beleuchter, 27 als Bühnenarbeiter, weitere 27 zur Instandhaltung der Außengelände, 25 in den Malerwerkstätten, 19 im Baulager, 12 in der Tonwerkstatt, 8 als Dekorateure, 5 im Bereich der Heizung, 5 in der Schlosserei und drei in der Elektrowerkstatt eingesetzt waren.
Dabei handelt es ausschließlich um Männer aus Frankreich und den Niederlanden. Ihr Durchschnittsalter lag bei 24 bis 25 Jahren. Bei den Niederländern dürfte es sich vor allem um Studenten gehandelt haben, die sich nach dem Attentat auf den NS-Statthalter in den Niederlanden Seyß-Inquart geweigert hatten, eine Loyalitätserklärung auf das NS-Regime zu unterzeichnen. Etwa 95 Prozent der Studierenden verweigerten die Unterschrift und wurden zur Arbeit nach Deutschland deportiert. ...
In der Hierarchie der ausländischen Zwangsarbeiter standen die Arbeitskräfte aus Westeuropa, insbesondere aus den Niederlanden an oberster Stelle. Sie konnten sich relativ frei bewegen, wohnten teilweise auch in Potsdam in Privatquartieren, auch wenn dies eigentlich nicht erwünscht war.
Anders gestaltet sich die Situation bei den so genannten Ostarbeitern, die auf der untersten Stufe standen. ...
Jewgenia Jakolewa Gromowa, geboren 1928:
Der Krieg erreichte uns in der Siedlung Karamyschewo. Vater war an der Front. Mutter erzog uns drei Kinder. Nach einer der üblichen Polizeidurchsuchungen brachte man uns einige Jungen und Mädchen nach Pskow in ein Sammellager. Das war im Herbst 1943. Mein Endpunkt war das Lager Babelsberg. Einige in unserer Baracke arbeiteten ständig auf dem Bau im Kinostudio. Zur Arbeit wurden wir frühmorgens in einer kleinen Kolonne geführt. Wir wurden von einem Polizisten bewacht. Manchmal wurden wir auch mit Autos gefahren. Unsere Nahrung bestand im Wesentlichen aus Spinatbrei oder Rüben, selten aus Kartoffelschalen. ... Eine Schicht dauerte 12-14 Stunden. ... Das Lager befand sich in einem kleinen Kiefernwald. Es bestand aus vielen Baracken. Es war von Stacheldraht umgrenzt und in einige Zonen eingeteilt. Diese Zonen waren auch durch Stacheldraht voneinander getrennt. In unserer Zone waren die Leute slawischer Nationalität. [...]"

Vor 80 Jahren überfiel Deutschland Polen und begann am 1. September 1939 den zweiten Weltkrieg. Über 60 Staaten der Welt waren kriegsteilnehmend involviert. In über 20 Ländern der Welt herrscht heute Krieg. Menschen sind auf der Flucht, Prothesenmacher haben Hochkonjunktur - ebenso die Rüstungs- und Waffenindustrie.
Im ersten Halbjahr 2019 hat Deutschland Rüstungsexporte im Wert von 5,3 Milliarden Euro genehmigt und damit schon mehr als im gesamten Vorjahr. (www.dw.com/de/glänzende-geschäfte-mit-deutschen-waffen/a-49543652) Bislang sieht der Verteidigungshaushalt der Bundesrepublik Deutschland 40 Milliarden Euro vor, die auf 2% BIP erhöht werden, was einer Höhe von ca. 80 Milliarden Euro entspricht.

Das besondere Objekt
Foto niederländischer Zwangsarbeiter vor Baracke 6 auf dem Ufa Gelände in Babelsberg
Sammlungen des Filmmuseums Potsdam