ZEITSCHNITT - "Ist es leicht, jung zu sein?"

ZEITSCHNITT 2024

"Ist es leicht, jung zu sein?" - Jugend abseits sozialistischer Normen

Eine Veranstaltungsreihe der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur in Kooperation mit dem Filmmuseum Potsdam

Der Jugend kam im Realsozialismus Ostdeutschlands ein besonders hoher Stellenwert zu. Das wichtigste Erziehungsziel der Sozialistischen Einheitspartei (SED) war es, die jungen Menschen in der DDR zu "sozialistischen Persönlichkeiten" und zu Staatsbürger*innen zu erziehen, die den Ideen des Sozialismus treu ergeben sind (Jugendgesetz DDR 1974). Daher wurden Aktivitäten von jungen Menschen jenseits dieser Normen misstrauisch beobachtet und aktiv bekämpft. Das rebellische Potential der Heranwachsenden bildete einen sich ständig erneuernden Unruheherd, der im Zaum gehalten werden musste. Zwischen den Polen von Aufbegehren und Parteitreue entwickelte sich ein vielgestaltiges, nicht klar differenzierbares Feld.
In der Zeitschnitt-Reihe 2024 stehen Jugendliche in der DDR im Mittelpunkt mit ihrer Sehnsucht nach Entfaltung, dem Drang nach Freiheit und den Erfahrungen von Begrenzung, Normsetzung und Bestrafung. Da die Filme von zivilem Ungehorsam oder alternativen Lebensentwürfen erzählen, stellen diese heute wichtige Korrektive zum Selbstbild der DDR dar. An jedem Abend gibt es eine filmhistorische Einführung durch Dr. Claus Löser und das Angebot eines Gesprächs nach dem Film.

Auftakt und Abschluss finden im Filmmuseum Potsdam statt.
Der Eintritt kostet im Filmmuseum 5 Euro.

Die weiteren Titel und Termine finden Sie im Flyer zur gesamten Reihe.


Dienstag, 7. Mai 2024, 19 Uhr

Jahrgang 45 R: Jürgen Böttcher, D: Monika Hildebrand, Rolf Römer, Paul Eichbaum, DDR 1966, 94'
Ein junges Ehepaar steht kurz vor der Scheidung. Um sich über seine Zukunft klar zu werden, nimmt der Mann ein paar Tage Urlaub. Er lässt sich durch Berlin treiben... Durch das freie Spiel und die unkonventionelle Kameraführung ein formal außergewöhnliches filmisches Werk. Der jugendliche Anti-Held wurde von den Kulturbürokraten als "untypisch" denunziert, der gesamte Stil als "nihilistisch und skeptizistisch" eingestuft. "Jahrgang 45" wurde verboten und konnte erst 1990 öffentlich gezeigt werden.
In Anwesenheit des Regisseurs Jürgen Böttcher



Freitag, 22. November 2024, 18 Uhr

Heimerziehung, Jugendwerkhof, Gefängnis

Paragraf 14

R: Ulrich Weiß, DDR 1968, 14'

In Sachen H. und acht anderer

R: Richard Cohn-Vossen, DDR 1972, 29'

Zöglinge

Regie: Peter Heinrich, DDR 1974, 37'

Heim

R: Petra Tschörtner, Angelika Andrees, DDR 1978, 24'

(insgesamt 104')

Ein Kurzfilmprogramm mit Beiträgen, die ungewöhnliche Blicke auf sonst in der Öffentlichkeit kaum diskutierte Bereiche des sozialen Lebens in der DDR eröffnen. Der Studierendenfilm "Paragraf 14" porträtiert auf sensible Weise die Insass*innen eines Jugendwerkhofs. "In Sachen H. und acht anderer" rekonstruiert jugendliche Gewalttaten im Berliner Prenzlauer Berg. "Zöglinge" und "Heim" gewähren Einblicke in das Heimleben von Kindern und Jugendlichen.
Gesprächspartnerin: Silvana Hilliger - Expertin für Heimfragen der Aufarbeitungs­beauftragten des Landes Branden­burg (LAkD)