Matrizentrickapparatur

Die von Erich Günther entwickelte und jetzt restaurierte Matrizenapparatur; Foto: FMP
Wenn heute Trickfiguren in einem Film in realer Umgebung agieren, so handelt es sich meist um digitale, am Computer erzeugte Effekte. Im analogen Zeitalter waren die Montageverfahren von Real- und Trickbildern kompliziert, erst recht in der DDR, wo kein brauchbarer "Color-Intermediate-Rohfilm" zur Verfügung stand, die Kombination von Real- und Trickaufnahmen im Kopierwerk also ausschied.


Real- und Animationssequenzen mussten demnach zusammen auf einem Negativfilm aufgezeichnet werden. Um dies in hoher Qualität zu bewältigen, entwickelte der Filmtechniker und Trickkameramann Erich Günther 1983/84 eine Spezialeinrichtung, die "Apparatur zur Herstellung von parallaxenfreien und deckungsgleichen Bildmatrizen" und meldete sie zum Patent an.

Erich Günther, Ralf Forster und Joachim König präsentieren die restaurierte Matrizenapparatur im Schaudepot des Filmmuseums; Foto: Jörg K. Leopold


Zusammen mit Erich Günther und dem ehemaligen Leiter der Abteilung DEFA-Bildtechnik, Joachim König, wurde diese Apparatur in der technischen Sammlung originalgetreu wiederhergestellt und in das Schaudepot integriert.

Zum Verfahren
Im Kinderfilm Die Geschichte vom goldenen Taler (1983) sollten Glühwürmchen exakt vor sich bewegenden Schauspielern auftauchen. Im Rolf Losansky-Film Das Schulgespenst (1986) war es das weiße, mit Kreide an der Tafel entworfene Gespenst, das im Rollentausch mit seiner Erfinderin - der Schülerin Carola Huflattich - im wirklichen Leben, neben und mit realen Darstellern agieren sollte.

Abbildung 1

Zwei Filmkameras der Marke Cameflex 35 werden auf einen Spezialstativ im Winkel von 90 Grad zueinander montiert. Die beiden Objektive zeigen auf einen halbdurchlässigen Spiegel, der im Winkel von 45 Grad zu den beiden Kameras angebracht ist. Kamera A ist mit Farbfilm bestückt, Kamera B mit Schwarzweißfilm. Beide Geräte zeichnen so exakt dasselbe Bild auf - deckungsgleich und parallaxenfrei (Abb. 1).

Abbildung 2

Während der Schwarzweißfilm (Matrize) entwickelt und kopiert wird, bleibt das Farbmaterial unentwickelt im Kühlschrank liegen, es wird für den zweiten Belichtungsvorgang benötigt. Nun folgt die Aufnahme der Trickfilmsequenz im Einzelbildverfahren unter Nutzung der schwarzweißen Bildmatrize. Das bereits einmal exponierte Farbmaterial wird in eine 35mm-Kamera eingelegt; die Matrize über einen Einzelbildprojektor und einen halbdurchlässigen Spiegel vor das aufzunehmende Kamerabild projiziert. Mittels eines Umlenkspiegels gelangt das Matrizenbild auf den Zeichentisch des Animators und dient ihm als Arbeitshilfe. Er kann die Figur exakt auf den zur Verfügung stehenden Bildausschnitt und die Bewegungsphase anpassen (Abb. 2).


Die Animationsfilmsequenz wird im Wechselverfahren hergestellt: ein Matrizenbild wird projiziert, der Animator entwirft entsprechend des Bildkaders seine Figur; nach dem Ausschalten der Projektion erfolgt die Aufnahme des Einzelbildes auf dem Farbfilm. Trickfigur und Realfilmsequenz sind so auf einem Negativfilm in hoher Qualität vereinigt.

Nicole Lichtenheldt in "Das Schulgespenst"; Foto: DEFA-Skoluda



Abbildungen aus: Uwe Fleischer/Helge Trimpert: Wie haben Sie's gemacht? Babelsberger Kameramänner öffnen ihre Trickkiste. Marburg 2005, S. 112-128.