HOW TO CATCH A NAZI. Operation Finale: Die Ergreifung und der Prozess von Adolf Eichmann - Teil 2

HOW TO CATCH A NAZI

Operation Finale: Die Ergreifung & der Prozess von Adolf Eichmann

Begleitprogramm im Kino

Oktober bis Dezember 2025 (weitere Termine folgen)

In der Ausstellung HOW TO CATCH A NAZI. Operation Finale: Die Ergreifung & der Prozess von Adolf Eichmann lassen sich an einer Medienstation Ausschnitte aus zahlreichen Spiel-, Dokumentar- und Fernsehfilmen sichten und vergleichen. Zugrunde liegt eine intensiv recherchierte Filmografie, die die Breite der filmischen Auseinandersetzungen mit dem Thema verdeutlicht. Eine Auswahl der Filme wird während der Ausstellungslaufzeit im Kino des Filmmuseums gezeigt und dort um Gespräche und Vorträge erweitert.


1. Oktober, 18 Uhr
Vortrag: Spannender Film - spannende Ausstellung?
Das Museumspublikum schlüpft in die Rolle von Agent*innen und vollzieht die Suche nach Adolf Eichmann nach. Doch was passiert, wenn ein Spannungsbogen sich im Ausstellungsraum aufsplittert, die Besucher*innen mehr Beobachtende als Handelnde sind und die Aufmerksamkeit von vielerlei Dingen Konkurrenz bekommt? Und wie ist es möglich, dass überhaupt Spannung entsteht, obwohl wir das Ende der Geschichte vor Film und Ausstellung bereits kennen? Der Vortrag von Dr. Ariane Karbe richtet sich an Ausstellungsmacher*innen, Filmemacher*innen und alle, die sich für dramaturgische Werkzeuge und neue Perspektiven auf Spannung interessieren.
Vortrag von Ariane Karbe (Museumsberaterin)

1. Oktober, 19:30 Uhr
Operation Finale
R: Chris Weitz, D: Oscar Isaac, Ben Kingsley, Mélanie Laurent, USA 2018, OmU, 123'
Der Spielfilm rekonstruiert die Ergreifung des untergetauchten Holocaust-Organisators Adolf Eichmann durch ein Team von israelischen Mossad-Agent*innen - und zielt dabei vor allem auf Action und Emotionen. Im Zentrum steht der Agent Peter Malkin, der Eichmann in Buenos Aires fasst. Doch die recht große Szene aktueller und ehemaliger Nazis in der Gegend ist schnell alarmiert und versucht zu verhindern, dass der ehemalige SS-Mann außer Landes gebracht wird. Erschwerend kommt hinzu, dass die israelische Regierung durch die Aktion ihren außenpolitischen Ruf gefährdet sieht.
Die bei Netflix erschienene Produktion entstand durch die Mitwirkung von Avner Avrahams. Selbst ehemaliger Mossad-Mitarbeiter beriet er die Filmschaffenden bei der Darstellung der Agenten, bei der Auswahl von Requisiten und beim Dreh in Argentinien. Avraham ist auch Hauptkurator von »How to Catch a Nazi«, Operation Finale inspirierte Inhalt und Aufbau der Ausstellung.
Mit einem Ensemble um Ben Kingsley und Oscar Isaac ist der Film hochkarätig besetzt. Nach ihrer Rolle als Shosanne in »Inglourious Basterds« überzeugt Mélanie Laurent erneut als Nazijägerin.
Die bei Netflix erschienene Produktion inspirierte Inhalt und Aufbau der Ausstellung.

16. Oktober, 17:00 Uhr
Auf den Spuren des Henkers
R: Joachim Besser, Peter Schier-Gribowsky, BRD 1961, Dok., 63'
Zu Beginn des Prozesses gegen Adolf Eichmann in Jerusalem im April 1961 und als Start der täglichen Berichterstattung von dort, strahlte der NDR diesen Film aus. Anhand von Archivmaterialien wie Fotos, Filmausschnitten und Schriftgut unternimmt Auf den Spuren des Henkers eine filmische Beweisaufnahme, interviewt Historiker, Zeitzeug*innen sowie Angehörige des Freundes- und Familienumfeldes von Eichmann. Als einziger Film zeichnet er Eichmanns Fluchtweg nach dem Krieg auf, auch über Bergen-Belsen, wo der Roman »Sally« seinen Ausgang nimmt.

16. Oktober, 19:00 Uhr
Lesung: Sally - Der Tanz durch die Nacht
Zwei Lebensgeschichten im Strudel der Weltgeschichte, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Das neue Buch des Schriftstellers und Journalisten Heinrich Thies handelt von einer denkwürdigen Begegnung und steht in einer spannenden Beziehung zu unserer Ausstellung »How to Catch a Nazi«. Der Roman erzählt von der jüdischen Tänzerin Sally, die nach der Befreiung aus dem KZ eine Art Wiedergeburt erlebt und wie Tausende andere Holocaust-Überlebende in einem Camp für »Displaced Persons« in Bergen-Belsen auf die Ausreise nach Palästina wartet. Sally spielt hier Theater, tanzt und knüpft Freundschaften. Bei ihren Radtouren durch die Umgebung trifft sie in einem Heidedorf auf einen Geige spielenden Hühnerhalter, der sich Otto nennt. Erst viele Jahre später wird Sally erfahren, wer der geheimnisvolle Geiger war: Adolf Eichmann, Cheflogistiker des Massenmords an den Jüdinnen und Juden.
Ein historischer Roman auf der Basis wahrer Begebenheiten, eine bewegende Geschichte über die verstörende Nähe von Opfern und Tätern.
Lesung mit Autor Heinrich Thies



3., 12., 19., 23., 30. Oktober
Der Code The Return from the Other Planet
R: Assaf Lapid, D/Israel 2023, Dok., OmU, 81'
Der israelische Autor Yehiel De-Nur, der unter seinem Pseudonym Ka-Tzetnik 135633 berühmt wurde, verarbeitete seine Erlebnisse im Vernichtungslager Auschwitz in drastischen Pulp-Fiction-Romanen. 1961 trat er im Eichmann-Prozess als Zeuge auf und offenbarte erstmals seine Identität. Während seiner Aussage verlor er das Bewusstsein. Die Filmaufnahmen davon gelten bis heute als ikonische Bilder für die Überlastung traumatisierter Zeug*innen. Auch in der Ausstellung »How to Catch a Nazi«sind sie zu sehen.
Mit dokumentarischem Material und animierten Sequenzen erzählt der Dokumentarfilm De-Nurs Leben aus dessen Innensicht und ermöglicht eine Annäherung an eine gespaltene Persönlichkeit - zwischen manisch schreibendem KZ-Überlebenden und zurückgezogenem Familienvater.


6. November, 18 Uhr
"Adolf Rosenberger. Rennfahrer, Porsche-Mitgründer, Selfmademan. Eine Enttäuschungsgeschichte" von Joachim Scholtyseck
Auf der Grundlage bisher unveröffentlichter Quellen zeichnet der renommierte Historiker Joachim Scholtyseck die Biografie Adolf Rosenbergers nach, in den 1920er Jahren einer der bekanntesten deutschen Rennfahrer. Rosenberger prägte als Mitbegründer und Geschäftsführer des Konstruktionsbüros Porsche maßgeblich den Aufstieg der heutigen Porsche AG mit. Als Jude verlor er 1935 unter dem Druck der NS-Verfolgung seine Teilhaberschaft, war für einige Zeit im KZ Kislau inhaftiert und emigrierte später in die USA. Nach dem Krieg musste er um seine Entschädigung von Porsche kämpfen - mit mageren Ergebnissen. Auch seine Beteiligung an einer Firma für Autoveredelung war schließlich wenig erfolgreich. Eine erstmals auf Aktenbasis erzählte und analysierte Enttäuschungsgeschichte und gleichzeitig das überfällige Porträt eines Mannes der die deutsche Wirtschafts-, Technik- und Zeitgeschichte prägte und dennoch aus dem kollektiven Gedächtnis verschwand.
Verbunden ist die Buchvorstellung mit einer Diskussion unter Beteiligung von Dr. Felix Klein, Berlin (Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung) und Dr. Christoph Rückel, München (Aufsichtsratsvorsitzender der Adolf Rosenberger gGmbH).
In Kooperation mit der Adolf Rosenberger gGmbH präsentiert das Filmmuseum die Ausstellung HOW TO CATCH A NAZI. Operation Finale: Die Ergreifung und der Prozess von Adolf Eichmann.

6. November, 19:30 Uhr
Le Mans R: Lee H. Katzin, D: Steve McQueen, Siegfried Rauch, Elga Andersen, USA 1971, OmU, 109'
Steve McQueen spielt einen Rennfahrer und Champion, der im Porsche 917 am berühmten 24-Stunden-Rennen im französischen Le Mans teilnimmt. Trotzdem er das Rennen unbedingt gewinnen möchte, hat er noch Zeit für eine Romanze mit einer Witwe.Der vielleicht berühmteste Rennsportfilm war von Steve McQueen, selbst Rennfahramateur,ursprünglich als aufwendiger Dokumentarfilm konzipiert worden.

9. November, 19 Uhr
Hannah Ahrendt
R: Margarethe von Trotta, D: Barbara Sukowa, Axel Milberg, Julia Jentsch, D/Luxemburg/F/Israel, 113'
Die deutsch-jüdische Philosophin Hannah Arendt emigrierte im Nationalsozialismus in die USA und wurde dort als Journalistin und Dozentin tätig. 1951 erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft. Zehn Jahre später entsendet sie die Zeitschrift »The New Yorker« nach Israel als Beobachterin des Eichmann-Prozesses. Ihre dort gesammelten Erkenntnisse versammelt Arendt in dem Werk »Die Banalität des Bösen«. Die nicht nur unter Theoretiker*innen losgetretene Kontroverse um dieses Buch nutzt Margarethe von Trotta in dieser spannenden Filmbiografie als dramatischen Rahmen und als Möglichkeit, um dem Zuschauer Hannah Arendts Denkweise zu erläutern.



20. November, 19 Uhr
Erscheinungsform Mensch: Adolf Eichmann
R: Rolf Defrank, BRD 1981, Dok., 107'
Der Dokumentarfilm über die Vorbereitung und Durchführung des Eichmann-Prozesses Anfang der 1960er Jahre in Israel konfrontiert Stellungnahmen von Zeitzeug*innen - u.a. des ehemaligen Polizeihauptmanns Avner Less, der das Verhör mit Adolf Eichmann leitete, des Historikers Israel Gutman, des damaligen israelischen Generalstaatsanwalt Israel Gabriel Bach und der Auschwitz-Überlebenden Rivka Joselewsk - mit den aufgezeichneten Aussagen des Angeklagten Adolf Eichmann. In ihrem Nebeneinander erhellen die sehr unterschiedlichen Perspektiven auf erschütternde Weise den Hintergrund des ehemaligen SS-Obersturmbannführers.



11. Dezember, 17 Uhr
Der Kahn der fröhlichen Leute
R: Hans Heinrich, D: Petra Peters, Fritz Wagner, Joachim Brennecke, DDR 1950, 91'
Das Mädchen Marianne hat von seinen Eltern einen Motorkahn geerbt. Mit dem neuen Maschinisten Michel gibt es gleich am Abend nach der ersten Fahrt Krach. Er geht - aus Eifersucht. Statt seiner nimmt Marianne drei lustige Musiker mit, die auf Arbeitssuche sind. Die Elbfahrt nach Hamburg endet zunächst auf einer Sandbank, von der sie ein anderer Frachtkahn befreit. Dort hat Michel inzwischen angeheuert. Der auch als Fluss-Roadmovie bezeichnete Film war mit fast 8 Millionen Kinobesucher*innen einer der größten Publikumserfolge der DEFA. Hans Heinrich inszenierte ihn nach der gleichnamigen literarischen Vorlage von Jochen Klepper aus dem Jahr 1933.

11. Dezember, 19 Uhr
Schattenstunde
R: Benjamin Martins, D: Christoph Kaiser, Beate Krist, Sarah Palrczyk, D 2021, 78'
Jochen Klepper, christlicher Schriftsteller, Journalist und Dichter, lebte mit seiner jüdischen Frau Johanna und der jüdischen Adoptivtochter Renate im nationalsozialistischen Berlin. Am 10. Dezember 1942 scheiterte die Ausreise von Frau und Tochter, und deren Deportation stand kurz bevor. Von Adolf Eichmann vor die Goebbelsche Alternative - Beruf oder Ehe - gestellt, traf Jochen Klepper eine Entscheidung, die auch Tausende andere im nationalsozialistischen Deutschland getroffen haben - so leise, dass heute nur wenige davon gehört haben.
Auf der Grundlage der umfangreichen Tagebuchaufzeichnungen Kleppers zeichnet Schattenstunde die letzten gemeinsamen Stunden und Gespräche der Familie Klepper vor deren Selbstmord nach.
Ihre äußerste Bedrängnis vermittelt der in seiner Ästhetik mutige Film nicht zuletzt durch das quadratische Bildformat.
»Ein perfekt besetztes Kammerspiel und zugleich kunstvolles Kino mit Bildern in denen Zeit und Raum, Realität und Alptraum verwischen. Ein bemerkenswerter Spielfilm über eine wahre Tragödie.« (BR)
2021 erschien im Neufeld Verlag die aktualisierte Neuauflage der fundierten Biografie Jochen Kleppers.
Einführung: Markus Baum (Biograf von Jochen Klepper)



Januar 2026
Eichmann und das dritte Reich
R: Erwin Leiser, CH/BRD 1961, Dok., 90'
Aufnahmen vom Prozess gegen Adolf Eichmann, hauptverantwortlich für die Ermordung von sechs Millionen Menschen, kontextualisiert der deutsch-jüdische Publizist, Filmemacher und Emigrant Erwin Leiser, indem er ihnen Archivbilder der furchtbaren Auswirkungen des nationalsozialistischen Antisemitismus beiseite stellt. In eigens angefertigen Aufnahmen kommt außerdem der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer zu Wort, der damals die Frankfurter Auschwitz-Prozesse vorbereitete. Mit dem von dem Schweizer Filmproduzenten Lazar Wechsler zusammen mit Artur Brauner realisierten Film wollte Leiser das deutsche Publikum über die Hintergründe der in Jerusalem verhandelten Verbrechen aufklären. Er wird zu einer stummen Klage, wenn bei den Bildern der Deportationen der Ton aussetzt.