7. Juli - 24. September 1995
Anlass für die Ausstellung war ein soeben fertig gestellte Pilotfilm zum MOSAIK: "Dig, Dag und Ritter Runkel", der zur Eröffnung präsentiert wurde. Ein "Film zum Film" (Regie: Roland Helia) erklärte anschaulich, wie ein moderner Trickfilm entsteht. Die Schau selbst stellte die berühmtesten Comic-Helden der DDR samt ihrem Erfinder Hannes Hegen vor und bot einen Überblick über die verschiedenen Heft-Serien, in denen die Digedags ihre legendären Reisen durch Raum und Zeit antraten. Sie skizzierte zudem verlegerische und politische Hintergründe der Entstehung des MOSAIK in den Jahren 1955 bis 1975. Die heiteren Bildgeschichten hatten Wissen aus Geschichte, Forschung, Kultur und Wissenschaft populär und spannend vermittelt; weil sie nie vordergründig politisch waren, gehörten sie noch in den neunziger Jahren zu den zehn beliebtesten Comics der Deutschen. Für die Ausstellung wurden Zeichnungen, seltene Hefte und Modelle aus dem Archiv von Hannes Hegen zusammengetragen. In großen Panoramabildern kamen Schauwert und grafische Qualität des MOSAIK zur Geltung.
Kurator, Gestaltung, Plakat: Bernd A. Chmura (Potsdam); Titelzeichnung Plakat: Hannes Hegen
Ausstellungsfotos folgen.
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Das Weihnachtsfest 1955 hielt für Kinder und Jugendliche in der DDR eine besondere Überraschung bereit: eine neue Bilderzeitschrift mit dem Namen "MOSAIK von Hannes Hegen". In der damaligen Presselandschaft der DDR waren Bildgeschichten rar, erfreuten sich aber, nicht zuletzt wegen der Verbreitung von "West-Comics" durch die offene Grenze zu Westberlin, wachsender Beliebtheit. Einige Zeitungen und Zeitschriften druckten mehr oder weniger regelmäßig Bildgeschichten, so "FRÖSI" ab 1953, "Atze" ab 1955 und später "BUMMI".
Es war ein glücklicher Zufall, dass Hannes Hegen (Johannes Hegenbart) seine Idee einer großen Bildgeschichte gerade in dem Moment bei dem zur Jugendorganisation FDJ gehörenden Verlag "Neues Leben" vortrug, als man dort über die Herausgabe einer eigenen Bilderzeitschrift nachdachte. Am 23. Dezember 1955 erschien die Nummer 1 des "MOSAIK von Hannes Hegen".
Mit seinen drei Hauptfiguren Dig, Dag und Digedag traf Hannes Hegen den Nerv der begeisterten Leser. Das kindgroße Heldentrio unbestimmten Alters mit den Erwachsenenattitüden trat für 223 Hefte seinen Siegeszug durch die Comic-Landschaft der DDR an: Als zeitlose Geschöpfe wandelten sie auf der Suche nach neuen Abenteuern durch die verschiedenen Epochen der Weltgeschichte. Im Sinne Robin Hoods handelten und kämpften sie für Gerechtigkeit, begleiteten als geschickte Gehilfen Erfinder, Forscher und Entdecker auf der Erde, im Weltall, in Vergangenheit und Zukunft, mischten sich mit vielfältigen, schier unerschöpflichen Fähigkeiten und Kräften in die Geschichte der Völker und Staaten ein.
Im "MOSAIK von Hannes Hegen" ging es trotz abenteuerlicher Kämpfe und Fehden relativ gewaltfrei zu, man bekam nur wenige Tote zu sehen und auf die Darstellung von blutigen Wunden wurde verzichtet. Die Digedags und die mit ihnen handelnden Personen gingen in der Regel als Sieger aus den Abenteuern hervor; die Gegenspieler blieben geläutert, besiegt oder gerecht verurteilt zurück. Kein Wunder also, dass das sympathische Trio in zwanzig Comic-Jahren zu Identifikationsfiguren von Kindern und Erwachsenen wurde. Kenntnisse der Naturwissenschaft, Einfallsreichtum und handwerkliches Geschick setzten die Digedags stets ein, um scheinbar unüberwindbare Hindernisse zu meistern. Dabei gelang es den Zeichnern brillant, physikalische Gesetzmäßigkeiten logisch zu erklären oder witzig und phantasievoll zu interpretieren.
Mehrfach in seiner Geschichte wurde das MOSAIK, das sich lange aus der Tagespolitik heraushalten konnte, zur Zielscheibe von Erziehungsmaßnahmen der Partei und sein weiteres Erscheinen geriet auf dem Prüfstand. Die Erfolge der sowjetischen Weltraumfahrt veranlassten Pionierorganisation und FDJ zu der Anweisung, das MOSAIK möge die Unterlegenheit des kapitalistischen Systems und die Fortschrittlichkeit des Sozialismus darstellen. Daraufhin musste Hannes Hegen seine geliebte Römerserie unterbrechen und die Digedags im Heft 25 von einer Erkundungsrakete des Raumschiffes RS-X1 auf den Planeten Neos entführen lassen. Dort begegneten sie in einer fortschrittlichen Republikanischen Union und einem aggressiven Großneonischen Reich menschengleichen Bewohnern und erdähnlichen politischen Verhältnissen.
Im Dezember 1959 drohte dem "unpolitischen MOSAIK" noch einmal das Aus. Der Titel für das Abschiedsheft Nr. 37 war schon gezeichnet, als es dann doch weitergehen durfte: Grund dafür war offensichtlich die Beilage "Klaus und Hein erzählen aus dem Pionierleben" - ein zweifarbiges Comic, das in Sachbeiträgen vom Pionierleben berichtete und von Dezember 1958 bis September 1962 einem Teil der Auflage beigelegt wurde.
Weltraummüde verabschiedeten sich die Digedags im Heft 73 nach 48 Folgen von ihren neonischen Freunden, flogen zurück auf die Erde und landeten dort im 19. Jahrhundert. Auf Anweisung "von oben" sollten sie zur Herausbildung einer nationalen DDR-Identität beitragen, darum wurden Forscher und Erfinder vorgestellt, die auf ostdeutschen Territorium gearbeitet hatten. Doch auch diese Serie scheiterte - wiederum auf kulturpolitischen Einspruch - vorfristig im Heft 89.
Mit Heft 90 begannen die Abenteuer des Ritter Runkel von Rübenstein - die beliebte Runkel-Serie; mit 62 Heften (bis Heft 151) wurde sie zur längsten Serie des MOSAIK. Als Knappen an der Seite von Ritter Runkel begaben sich Dig und Dag ins 13. Jahrhundert.
Mit Heft 152 startete die letzte große Abenteuerserie der Digedags - In Amerika. Die Digedags waren als Reporter des "New Orleans Magazins" in den Vereinigten Staaten von Amerika des 19. Jahrhunderts unterwegs. Auf der Suche nach interessanten Berichten für ihr Blatt gerieten sie in den Strudel von Ereignissen und schlugen damit für die Leser ein Bilderbuch auf - von den Weiten der Prärie westlich des Mississippi bis zu den Bergen der Rocky Mountains. Über viele Umwege gelangten sie schließlich nach New York, wo sich in Heft 211 ihre Mission erfüllte.
Müde von ungezählten Abenteuern kramten die Digedags am Ende noch einmal in ihren liebsten Erinnerungen und fanden sich wie zu Beginn der Serie im Morgenland wieder. Hier hatten sie alle Hände voll zu tun, um dem einfachen Volk gegen korrupte Staatsdiener und verschwenderische, geltungssüchtige Herrscher beizustehen. Ein nächtliches Panorama wilder beduinischer Reiterspiele und ein metaphorischer Heißluftballon am Fuße der ägyptischen Pyramiden beendeten in Heft 223 die Abenteuer der drei Digedags. Sie verabschieden sich mit verschmitztem Lächeln und einem letzten Winken - ein Lebewohl oder die Aufforderung zu folgen?