Misteln

Die Regisseurin Judit Ember, spät gewürdigt und (wieder-)entdeckt, gehörte zu den zentralen Figuren des ungarischen Béla-Balázs-Studios. Dort realisierte sie kompromisslose Filme, allerdings wurden diese bis 1989 kaum öffentlich verbreitet. Ember, die sich im Unterschied zu einigen ihrer Kolleg*innen nicht der Selbstzensur unterzog, gilt als Regisseurin mit den meisten verbotenen Filmen im sozialistischen Ungarn. Dabei drehte sie keine kämpferischen Filme, sondern nahm von offizieller Seite ignorierte oder falsch dargestellte Themen in den Fokus, um sie ruhig und unaufgeregt zu verarbeiten.
In Misteln , ihrem einzigen Dokumentarspielfilm, sucht Ember die Protagonistin aus ihrem verbotenen Film »Lehrgeschichte« (1976) auf. Das Mädchen von damals ist inzwischen Mutter zweier Kinder - und bekommt bald ein drittes. Neben der Armut der Arbeiterklasse und der Gegenüberstellung zwischen propagierten und wirklichen Lebensverhältnissen im Sozialismus, geht es auch um die Widersprüche zwischen Tradition und Moderne und nicht zuletzt die Rolle der Frau in der ungarischen Gesellschaft der 1970er Jahre.
Einführung: Borjana Gaković (Medienwissenschaftlerin)

Vergangene Vorstellungen

25 März 2022 | 19:00

Film!Her!Story!

Women's March - Einen Monat lang zeigen wir ausschließlich Filme von Regisseurinnen - von der Stummfilmzeit bis heute. Alle Programmplätze sind dementsprechend besetzt. So machen wir nicht nur auf Schieflagen in allen Bereichen der Filmkultur aufmerksam (Regisseurinnen bekommen beispielsweise maximal 10% der Fördergelder!), sondern stellen mit einem Positionspapier auch die eigene Kinopraxis auf den Prüfstand und verpflichten uns zu einer größeren Gendersensibilität in der eigenen Programmarbeit. Unter dem Titel »Film!Her!Story!« werden die Filmemacherinnen Cecilia Mangini, Róza Berger-Fiedler, Ula Stöckl und Judit Ember vorgestellt und damit unzureichend beachtetes Filmschaffen ebenso wie Klassiker des feministischen Kinos gewürdigt. Genauso vielfältig wie die Genres und künstlerischen Verfahren der Filme sind die Themen, die verhandelt werden und im Bestreben um gesellschaftliche Gleichberechtigung nichts an Aktualität eingebüßt haben: Kampf gegen Sexismus und für bessere Arbeitsbedingungen, Vereinbarkeit von Mutterschaft und Berufstätigkeit, Kritik an überholten Rollenklischees, weibliches Begehren sowie künstlerische, körperliche und sexuelle Selbstbestimmtheit.Film!Her!Story! wird kuratiert von Elena Baumeister und Johanne Hoppe, den wissenschaftlerisch-künstlerischen Mitarbeiterinnen des Filmmuseums.Ein Projekt der Initiative »Respekt 21« in Zusammenarbeit mit dem Genderbüro an der Filmuniversität BabelsbergAuch im Kino2online ist das Angebot im März vorrangig weiblich. Dort sind u.a. experimentelle Kurzfilme zu sehen: Son Chant(R: Vivian Ostrovsky, USA 2020) und Es gibt (R: Lena Ditte Nissen, D/GR 2020) verstehen sich als aktuelle Auseinandersetzungen mit ihren feministischen Vorbildern Chantal Akerman und Margaret Raspé.