Szenenbild und Kostüme im DEFA-Film

Entwurf von Paul Lehmann zu "Der schweigende Stern" (R: Kurt Maetzig, 1960)
20. April 1991 - 5. Januar 1992

Seit Ende 1990 entließ die DEFA die meisten ihrer Filmarbeiter, auch 19 Szenenbildner und 11 Kostümbildner gingen fast gleichzeitig in die Arbeitslosigkeit. Begabte Künstler verloren mit dem DEFA-Studio zugleich ihre künstlerische Heimat. Die Ausstellung zeigte die handwerklichen und künstlerischen Potenzen der Filmstadt und dass nicht Umschulungen, sondern neue Arbeitsmöglichkeiten für die Künstler am Filmstandort Babelsberg das Gebot der Stunde gewesen wären. Sie präsentierte Arbeiten der Szenenbildner Dieter Adam, Hans-Jürgen De Ponte, Alfred Hirschmeier, Georg Kranz, Lothar Kuhn, Paul Lehmann, Harry Leupold, Hans Jörg Mirr, Werner Pieske, Heinz Röske, Alfred Thomalla, Peter Wilde, Marlene Willmann, Klaus Winter, Georg Wratsch sowie der Kostümbildner Werner Bergemann, Barbara Braumann, Christiane Dorst, Ursula Strumpf und Regina Viertel.

Kuratorin: Elke Schieber (FMP)
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Film ist Teamarbeit. Lorbeeren oder Schelte ernten nach öffentlichen Aufführungen in der Regel die Regisseure und Schauspieler, manchmal erfährt die Kamera Beachtung - die Leistungen der Szenen- und Kostümbildner bleiben weitgehend ohne Würdigung und gelten als Teil einer Gesamtleistung. Aber diesmal standen sie im Fokus der Aufmerksamkeit: Szenenbilder und Kostümentwürfe sind eigenständige künstlerische Leistungen, die den Stil eines Films mitbestimmen. Sie tragen zur Formung der Figuren bei, erschaffen ungesehene Welten, geben dem geschriebenen Filmentwurf materielle Gestalt. Es gibt zuweilen hervorragende Kostüme in schlechten Filmen, es gibt Szenenbilder, deren Wirkung blass bleibt, weil der Regisseur nicht mit ihnen umzugehen wusste. Wenn sich alle Anstrengungen in einem gelungenen Film vereinen, wird das für alle Beteiligten zur glücklichsten Erfahrung: Hans Poelzig entwarf 1920 die Stadt für den Golem. Hermann Warm, Walter Röhrig und Walter Reimann, deren Weltruhm mit Das Cabinet des Dr. Caligari (1920) begann, arbeiteten für die Babelsberger Studios. Otto Hunte war lange Zeit Chefszenenbildner der Ufa. Seit 1931 erfand Artur Günther in Babelsberg Spielräume für Filmfiguren. Walter Schulze-Mittendorf, der für Fritz Langs Metropolis (1926) Plastiken geschaffen hatte, arbeitete, wie andere Szenen- und Kostümbildner auch, nach 1946 an DEFA-Filmen mit, Wozzek (1947) und Das kalte Herz (1950) tragen seine Handschrift. Emil Hasler, der für Fritz Langs M - Eine Stadt sucht einen Mörder (1931) die Bauten entwarf, war für das Szenenbild der DEFA-Filme Affäre Blum (1947) und Die Buntkarierten (1949) verantwortlich.


PRESSE
Sie erschaffen nicht nur ungesehene Welten
"Szenenbild und Kostüme in der DEFA" im Potsdamer Filmmuseum
Märkische Allgemeine Zeitung, 26.04.1991, Hannes John

"Szenenbild und Kostüme in der DEFA" heißt das jüngste Ausstellungsangebot im Potsdamer Filmmuseum. Die Motivation des Museumsteams weitere DEFA-Ausstellungen gerade jetzt zu präsentieren, ist nur allzu verständlich, wird doch mit dem Wort DEFA (nicht nur von ehemaligen Mitarbeitern) gegenwärtig so ziemlich alles assoziiert, was zwischen Wehmut. Nostalgie und Rachegelüsten liegt, konnte man der Eröffnungsrede entnehmen. Seit 80 Jahren wird in Babelsberg gefilmt, wurden Szenenbilder und Kostüme für so manchen Filmklassiker entworfen. An Titel wie Golem, Metropolis und auch Das kalte Herz erinnert sich der Filmfreund, dem auch Regisseure und Schauspieler dazu einfallen. Doch auch, wenn man im Vor- oder Abspann die Namen derer las, die Szenenbild und Kostüme entwarfen, man hat sie schnell vergessen.
Dabei bestimmen gerade sie den Stil eines Films mit, tragen zur Formung der Figuren bei, erschaffen ungesehene Welten, entdecken Drehorte und sorgen dafür, dass der geschriebene Filmentwurf materielle Gestalt annimmt. Es gibt zuweilen hervorragende Kostüme in schlechten Filmen, aber auch Szenenbilder ohne Wirkung, weil der Regisseur nicht damit umzugehen verstand. Es gibt aber auch den Erfolg, wenn alles stimmt. Lorbeeren für das ganze Filmteam.
Nun entlässt die DEFA die meisten ihrer Filmarbeiter. Auch 19 Szenographen und 11 Kostümbildner gehen in die Arbeitslosigkeit, haben den Ort verloren, der ihre künstlerische Heimat war. Das Filmmuseum hat sich an sie gewandt, Entwürfe, Modelle, Kostüme, die ihnen am meisten am Herzen liegen für diese Schau zur Verfügung zu stellen. Paul Lehmann, selbst Szenenbildner und Mitaussteller, hat mit ordnender und gestalterischer Hand die Einzelstücke zu einer sehenswerten Exposition vereint, resignierte aber bei der Eröffnung "Ich bin erbost, dass viele jetzt beschäftigungslose Könner ihres Fachs mit 20-30jähriger Berufserfahrung, die wirklich etwas in die europäisch Filmkunst einbringen könnten, sinnlos, nutzlos herum sitzen müssen."
Die Ausstellung kann auf diese handwerklichen und künstlerischen Potenzen der Filmstadt bis zum Ende der Saison nur in Potsdam aufmerksam machen. Museumsdirektorin Bärbel Dalichow versprach aber, die Schau danach auch ins Ausland zu verkaufen. "Weil wir glauben, dass man sich auch anderswo jetzt vor Augen halten sollte, dass es nicht nur wichtig ist DEFA-Geschichte zu memorieren, sondern dass diese Szenen- und Kostümbildner quicklebendig sind, voller Tatendrang und wie man an den Exponaten sieht: ideenreich und damit zukunftsträchtig."