Jons und Erdme - Die Frau des Anderen

Carl Raddatz in "Jons und Erdme - Die Frau des Anderen"
Carl Raddatz wäre am 13.03. 100 Jahre alt geworden. Er feierte seinen 90. Geburtstag im Filmmuseum Potsdam, sein Nachlass zählt zu den Schätzen unserer Sammlungen. Seine spröde, manchmal verbissene, oft auch verletzliche Ausstrahlung waren mehr als eine ungewohnte Farbe im deutschen Theater und Kino, waren mehr als Professionalität, waren mehr als spielerische Selbstverleugnung: ein Charakter, nicht nur in den Figuren, sondern auch dahinter. Nach seinem erfolgreichen Lieblingsfilm Unter den Brücken (1945) konnte er sich seine Rollen aussuchen.
Wir erinnern an ihn mit einer vergessenen Perle des Nachkriegskinos: Jons und Erdme - Die Frau des Anderen (R: Victor Vicas, BRD/I 1959; Wiederholung des Films am 18.3.). Die zugrunde liegende Novelle des Naturalisten Hermann Sudermann wird umgedichtet zu einer verstörenden Parabel auf die Situation der Vertriebenen und Nachkriegsdeutschlands: Jons und Erdme bauen sich mühsam einen kleinen Hof in einer unwirtlichen, irrealen Nebellandschaft auf. Die Ehe geht in die Brüche. Alkohol und Gewalt übernehmen das Regiment. Die Sintflut am Ende ist von schwerer Symbolkraft - verdrängte Schuld bricht sich Bahn und lässt alles erneut zum Teufel gehen. So konsequent bedrückend und unversöhnlich wie dieser Film war das westdeutsche Kino der 1950er selten.

Vergangene Vorstellungen

13 März 2012 | 20:00
18 März 2012 | 18:00

Zum 100. Geburtstag von Carl Raddatz