I've Seen The Wall

I've Seen The Wall

Filmreihe Oktober - Dezember 2023

In der Filmreihe zur Ausstellung »I've Seen the Wall. Louis Armstrong auf Tour in der DDR 1965« des MINSK Kunsthaus in Potsdam zeigt das Filmmuseum an drei Abenden ein begleitendes Filmprogramm. Ausgangspunkt ist ein Mitschnitt des Konzerts im Friedrichstadtpalast, das Louis Armstrong 1965 während seiner Tournee durch die DDR gab. Dokumentar- sowie Spielfilme der DEFA verdeutlichen den populären Status der Jazzmusik seit der Staatsgründung der DDR bis Anfang der 1980er Jahre. Jazz wird in Zusammenhang mit antiimperialistischer Politik und den solidarischen Bestrebungen des sozialistischen Staates mit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und ihren Vertreter*innen gestellt. Das Programm wird ergänzt durch herausragende Auftritte Louis Armstrongs in US-amerikanischen Filmen, die zum Teil rassistische Diskriminierung auf Spielfilmebene verhandeln.


Programm

Do., 26.10.2023

17 Uhr

Louis Armstrong & His All Stars

Konzertmitschnitt, Friedrichstadtpalast 1965, 110'

Seine legendäre Konzerttournee 1965 in der DDR führte Louis Armstrong zum Auftakt in den alten Berliner Friedrichstadtpalast. Wenige Jahre nach dem Bau der Mauer sollte durch die insgesamt 17 Auftritte des weltweit bekanntesten Jazzmusikers und seiner Band das Image der DDR aufgebessert werden. Das Parteiorgan Neues Deutschland bezeichnete Armstrong als »Vertreter des guten Amerika«. In musikalischer Hochform spielten er und seine All Stars die vom Publikum ersehnten Standards. Auch für seinen Charme als Entertainer wurde Armstrong mit Beifallsstürmen bedacht. Als besondere Geste an seine deutschen Fans gab er »Mackie Messer« und das Volkslied »Der treue Husar«.


19 Uhr

Auf der Sonnenseite

R: Ralf Kirsten, D: Manfred Krug, Marita Böhme, DDR 1962, 101'

Der junge Stahlschmelzer Martin Hoff wird von der Betriebsleitung zum Schauspielstudium delegiert. Wegen seines Übermuts und seiner Überheblichkeit wird er dort bald wieder vor die Tür gesetzt. Da läuft ihm die toughe und attraktive Bauleiterin Ottilie Zinn über den Weg. Er wettet mit seinen Kommiliton*innen, dass er es schaffen wird, sie zu erobern. Doch mit seinem Draufgängertum kann Martin nicht bei Ottilie punkten.

Manfred Krug war Stahlwerker und flog von der Schauspielschule. Hier stimmen Krugs Biografie und Filmhandlung überein. Auch mit den Gesangseinlagen ist Krug die Rolle des Martin auf den Leib geschrieben. Seit Ende der 1950er Jahre trat Krug als Jazz-Interpret in Erscheinung und spielte 1964 mit den »Jazz-Optimisten« seine erste Single ein. Die am 4. Januar 1962 im Kino Babylon in Ost-Berlin uraufgeführte DEFA-Komödie machte Manfred Krug zum Publikumsliebling.



So., 26.11.2023

17 Uhr

DEFA Kurzfilmprogramm, insg. 103'

Ein Kurzfilmprogramm mit DEFA-Filmen gibt einen Eindruck davon, welche Bedeutung der Jazz sowie verschiedene Aspekte der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in der DDR-Kulturproduktion hatten. Zur Aufführung kommen die Filme:

Vom Lebensweg des Jazz (R: Peter Ulbrich, Wolfgang Bartsch, DDR 1956)

Drei von Vielen (R: Jürgen Böttcher, DDR 1961)

Dixieland - Dixieland (R: Peter Petersen, DDR 1981)

We Shall Overcome (R: Hans Goldschmidt, DDR 1971)

Für Angela (R: Werner Kohlert, DDR 1972)

Einführung: Paola Malavassi (DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam) und Claus Löser (Filmhistoriker)

"Vom Lebensweg des Jazz" erzählt die Geschichte Schwarzer Musik anhand des historischen Bogens von Sklavenaufständen in den Plantagen der europäischen Kolonialmächte über Rassendiskriminierung in den USA bis hin zur amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. In der DDR wurden Protestsongs nach dem Vorbild des Jazz populär. Inhaltswarnung: Verwendung rassistischer Sprache im Voice Over

"Drei von Vielen" porträtiert drei Dresdener Arbeiter, die die Liebe zum Jazz und zur bildenden Kunst verbindet. Jürgen Böttchers DEFA-Filmdebüt war einer der ersten Dokumentarfilme, die in der DDR verboten wurden.

"Jazz nach Feierabend" - im Haus der jungen Talente proben DDR-Bürger*innen unter Einbezug von Volksmusik den Jazz. "Dixieland - Dixieland" zeigt, wie bei öffentlichen Konzerten "Musik für alle, zum Mitmachen" gespielt wird.

"We Shall Overcome" gibt anlässlich des Besuchs amerikanischer Bürgerrechtskämpfer*innen Einblick in die politische Stimmung der DDR Anfang der 1970er Jahre.

Den DDR-Besuch von Angela Davis nach ihrer Freilassung aus politischer Haft in den USA bereitet "Für Angela" für ein junges Publikum auf. Viele Kinder hatten sich an solidarischen Briefaktionen für die kommunistische Aktivistin beteiligt.


20 Uhr

Paris Blues

R: Martin Ritt, D: Paul Newman, Louis Armstrong, USA 1961, 98', OmU

Erzählt wird die Geschichte zweier US-amerikanischer Jazzmusiker, die in Paris leben. Für Ram ist Paris der Ort der Stunde, an dem er seine Kunst verwirklicht, während Eddie hier arbeiten kann, ohne rassistischen Anfeindungen ausgesetzt zu sein. Beide hoffen auf den großen Durchbruch. Als sie sich in die amerikanischen Touristinnen Lillian und Connie verlieben, werden Karriere und Freundschaft der Musiker auf die Probe gestellt.

Ein Muss für jeden Jazz- und Paris-Fan, auch wenn das Studio nicht den Mut hatte, von Afroamerikaner*innen und Weißen als Paar zu erzählen.


So., 17.12.2023

17 Uhr

Lots Weib

R: Egon Günther, D: Marita Böhme, Günther Simon, DDR 1965, 106'

Katrin will die Scheidung. Ihr Mann Richard, Genosse und Marineoffizier, will sie nicht - sie könnte seine Biografie beflecken. Regisseur Egon Günther und seine Mitautorin Helga Schütz lassen nun Katrin etwas für einen DEFA-Gegenwartsfilm bis dato Undenkbares tun, sie begeht einen Kaufhausdiebstahl, wird verurteilt und Richard reicht - wie erhofft - die Scheidung ein. Katrin verliert ihre Arbeit als Lehrerin, kann aber die Kinder behalten.
Seit 1958 als Dramaturg bei der DEFA beschäftigt, realisierte Egon Günther mit "Lots Weib" sein Regiedebüt. Der von Jazz-Sängerin Ruth Hohmann interpretierte Scat-Gesang auf dem Soundtrack ist charakteristisch für den Einsatz von filmischen Verfremdungsmitteln entgegen des von Günther ungeliebten Naturalismus der DEFA-Filme.

19 Uhr

High Society

R: Charles Walters, D: Grace Kelly, Bing Crosby, USA 1956, 111', OmU

mit Einführung

Helikopterflug über einer Villengegend, der Innenraum einer Limousine. Die gut betuchte und sorglose amerikanische Gesellschaft trifft sich in Bibliotheksräumen, auf Anwesen, bei Abendgesellschaften, bekleidet in Tuxedos und Cocktaildresses. Mittelpunkt in diesem mit Frank Sinatra, Bing Crosby und Grace Kelly in ihrer letzten Leinwandrolle starbesetzten Musical sind weiße Menschen der Mittel- und Oberschicht, die sich in Liebeleien persiflieren.
Neben der Thematisierung von Seriosität und standesgemäßer Berufs- sowie Partner*innenwahl, gibt die Anwesenheit von Louis Armstrong und Band der Komödie eine weitere, unfreiwillige Bedeutungsebene: Weiße und Schwarze Besetzung sind getrennt inszeniert. Louis Armstrong wird in seiner Star-Persona geradezu vorgeführt und damit für den Film instrumentalisiert. Indem die innerfilmischen Auftritte von Armstrong und Band die vierte Wand durchbrechen, scheinen sie dies zu signalisieren.


I've Seen the Wall: Louis Armstrong auf Tour in der DDR 1965

Die Konzertreise des Musikers Louis Armstrong bildet den historischen Ausgangspunkt für eine Gruppenausstellung (16.9.2023-4.2.2024), die dokumentarisches und künstlerisches Material verwebt, um die gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit und die Ambivalenz der Tour spürbar zu machen.

Der Eintritt ins MINSK ist mit einem Kinoticket der Filmreihe ermäßigt, umgekehrt ist der Eintritt in einen Film der Reihe mit einem Ausstellungsticket reduziert.

In Kooperation mit DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam


Kartenreservierung: 0331-27181-12, ticket@filmmuseum-potsdam.de