Die neuen Leiden des jungen W.

Nicht nur für Filmemacher/-innen aus der DDR, die einen kritisch-spielerischen Umgang mit dem Klassikkanon vornahmen, war Ulrich Plenzdorfs 1972 publizierter Prosatext »Die neuen Leiden des jungen W.« eine wichtige Referenz. Der Fernsehfilm aus der BRD basiert auf Plenzdorfs Drehbuch. Erzählt wird von dem aufsässigen Lehrling und Ausreißer Edgar Wibeau, der unglücklich in die Kindergärtnerin Charlie verliebt ist und in seiner Notunterkunft ein Exemplar von Goethes »Die Leiden des jungen Werther« entdeckt. Wibeau beginnt, sich mit Werther zu identifizieren.

Vergangene Vorstellungen

06 Oktober 2017 | 18:00

Junger Werther, neuer Werther... Weimarer Klassik im Film

Das Kulturkonzept der DDR zielte u.a. auf die Ausbildung eines sozialistischen Nationalbewusstseins. Seit ihrer Gründung wurde die Weimarer Klassik instrumentalisiert, um nationale Identität zu stiften. Bürgerlichen Humanismus und antifaschistischen Impetus galt es zu verknüpfen. Später weitete sich der Erbe-Begriff. Ein individualisierter, auf die Gegenwart bezogener Umgang mit den literarischen Überlieferungen der Weimarer Klassik wurde möglich.Die Reihe versammelt schwerpunktmäßig Dokumentar- und Spielfilme aus den 1970er und 1980er Jahren, die neue Sichten vornehmen. Sie mäandern zwischen dem kanonisierten Klassikbild und der Begeisterung für Gegenklassiker, zwischen affirmativer Auftragsproduktion und Erwartungsentzug durch widerständige Sujetwahl.Gewidmet ist die Reihe dem am 31. August 2017 in Potsdam verstorbenen 90-jährigen Regisseur und Schriftsteller Egon Günther, der mit seiner Innovationskraft nicht nur das Genre der Literaturverfilmungen erneuert hat. Die Filmauswahl würdigt zudem die künstlerischen Leistungen der Drehbuchautorin Helga Schütz und des Kameramanns Peter Brand, die 2017 runde Geburtstage feiern.
Mit freundlicher Unterstützung der DEFA-Stiftung