Dieter Adam über "Bürgschaft für ein Jahr"

Dieter Adam:
Wir haben versucht, das typische DDR-Publikum in einem bestimmten sozialen Milieu darzustellen. Wir wollten einfach, daß sich die Leute da selber wiederfinden. Für uns war das manchmal ein Gag, aber es war auch die Realität. Es fing bei Karla an, dem ersten gemeinsamen Film mit [Herrmann] Zschoche, und wir haben versucht, das in allen weiteren Filmen fortzusetzen.

Zum Beispiel in Bürgschaft für ein Jahr: Wie lebt eine solche Frau, welchen Geschmack hat sie, wie sind ihre finanziellen Möglichkeiten. Man ist schon hin und wieder in solche Wohnungen gekommen und hat das Umfeld registriert, ohne damit hausieren zu gehen.

Ich bin eigentlich immer ein optischer Sammler gewesen, mehr aus dem Bauch als durch den Kopf, obwohl es durch den Kopf gegangen ist - und so werden dann Dinge zusammengestellt. Man bekommt auch Anregungen. Und das war das Schöne bei uns im Fundus, an den Regalen vorbeizugehen und zu sagen, siehst du, so etwas hast du dort doch auch gesehen.

Dazu muß man sich aber vorher ein soziales Bild über die jeweilige Figur gemacht haben und deren Vergangenheit, die man sich mit dem Regisseur ausknobelt. Mit Herrmann ging das immer sehr gut: herauszufinden, wie jemand zu dem wurde, was er heute darstellt. Das erkennt man an seinen Filmen immer.

In: I. Poss/P. Warnecke: Spur der Filme. Zeitzeugen über die DEFA. Berlin 2006, S. 373