Der falsche Fritz - Friedrich II. im Film

Blick in die Ausstellung; F: J.K. Leopold, FMP
Plakat zur Ausstellung; Gestaltung: h neun, Berlin

25. Januar - 28. Oktober 2012

2012 jährte sich der Geburtstag Friedrichs II. zum 300. Mal. Das Filmmuseum Potsdam präsentierte eine Schau, die das Ausstellungsprojekt "Friderisiko" der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg flankierte und in seinem ureigenen Fachgebiet ergänzte: Nicht der historische Friedrich, sondern dessen Darstellung auf der Kinoleinwand war ihr Thema - insbesondere jener Schauspieler, der wie kein anderer den Preußenkönig über zwei Jahrzehnte lang mit großem Publikumserfolg verkörperte: Otto Gebühr. Dass Filme über Friedrich II. weniger als Lehrstunden über preußische Geschichte taugen, sondern vielmehr Aufschlussreiches über ihre Entstehungszeit erzählen, beschreibt den historischen Zugriff des Museums auf das zusammengetragene Material.

Kurator: Guido Altendorf, FMP
Gestaltung und Plakat: h neun, Berlin

Ausstellung | Begleitprogramm



Blick in die Ausstellung; F: J. K. Leopold
Blick in die Ausstellung (3); F: J. K. Leopold
Blick in die Ausstellung; F: J. K. Leopold


Ausstellung
Das Bild von Friedrich II. in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts scheint eins geworden mit seinem berühmtesten Darsteller. Die Ausstellung erzählte die Biografie Otto Gebührs parallel zu seinen Friedrich-Darstellungen. Die zeitgenössische Presse streute die Legende, der Schauspieler hätte sich dem Preußenkönig auch privat anverwandelt. Straßenpassanten sprachen ihn mit "Eure Majestät" an. Aber der Mensch Otto Gebühr hätte nicht weiter von dem Bild Friedrichs, das er auf der Leinwand verkörperte, entfernt sein können - er war ein "falscher Fritz" in doppelter Hinsicht, wie die Ausstellung zutage förderte.

Einige bekannte wie auch vergessene Friedrich-Verfilmungen der Jahre 1920 bis 1942 mit Otto Gebühr in der Rolle Friedrich II. wurden vorgestellt und der mediale Umgang mit dem Preußenkönig unter den Schlagworten Mythos, Propaganda und Kommerz näher beleuchtet:

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Mythos "Friedrich" zum Stoff für den Kintopp und machte kräftig Kasse - das Leben des Königs sollte möglichst international verkäuflich und möglichst tendenzfrei sein. Dennoch genügte das Erscheinen des Monarchen auf der Leinwand, um die junge Demokratie herauszufordern und Proteste zu entfachen.

Für den NS-Film bot der König propagandistische Möglichkeiten, man wollte ihn als zentrale Figur in politischen Filmen nutzen, scheiterte aber letztlich am historischen Vorbild. Kurzerhand wurde Geschichte gefälscht und für die nationalsozialistischen Zwecke passend gemacht.

Der alte Fritz verkaufte sich immer, ob als Nippes, Zigarettenbilderalbum, Spielzeug - oder als Figur in einem Operettenfilm. Fritz-Anekdoten überdauerten Generationen und spendeten Trost in unsicheren Zeiten. Das Geschäft mit dem Preußenkönig florierte, bis das Ende des zweiten Weltkrieges eine vorläufige Zäsur einleitete.
Die Tänzerin von Sanssouci; F: J.K.  Leopold

Zu den Filmen über Friedrich II. präsentierte die Ausstellung neben seltenen Dokumenten, Fotos und zeitgenössischer Werbung auch Devotionalien wie die Fridericus-Perücke und den Dreispitz, die Otto Gebühr in Filmen getragen hat, ebenso umfangreiche Filmausschnitte und Audiomaterialien.

Das biografische Material zu Otto Gebühr stammte aus dessen Nachlass, den sein Sohn, Dr. Michael Gebühr, für die Ausstellung zur Verfügung stellte. Neben vielen unveröffentlichten Familienfotos, persönlichen Briefen und Dokumenten präsentierte die Schau Gemälde, Zeichnungen und Musikinstrumente des vielseitig interessierten Künstlers. In Hörstationen durchzog ein Interview mit dem Sohn über dessen Vater den biografischen Ausstellungsteil. So entstand eine sensible biografische Rückblende auf das Leben des Schauspielers, die nicht nur einen Kontrast zu seinen Friedrich-Darstellungen offenbarte, sondern auch hinter die Fassade einer Rolle blickte, die viel zu häufig mit ihrem Darsteller gleichgesetzt wurde. Im Nebeneinander des privaten und des öffentlichen Menschen Otto Gebühr offenbarte sich ohne vordergründig didaktische Belehrung ein Stück Zeitgeschichte mit all ihren Möglichkeiten, Zumutungen und Verstrickungen eines Einzelnen in seinem privaten und politischen Lebensumfeld.

In Zusammenarbeit mit dem Berliner Gestalterteam h neun war eine formal ungewöhnliche Ausstattung entstanden, die beide Themenkomplexe der Ausstellung optisch voneinander abgrenzte und sie dennoch so miteinander in Beziehung setzte, dass Leben und Werk in ihrer gegenseitigen Bedingtheit und Wechselwirkung verstanden werden konnten. Das moderne Ausstellungsdesign plädierte für einen frischen, unvoreingenommenen Blick auf ein Themengebiet, das als ausgiebig erforscht gilt.

Begleitprogramm
Begleitend zur Ausstellung erschienen ein Buch ("Preußen aus Celluloid - Friedrich II. im Film", Hrsg. Annette Dorgerloh und Marcus Becker, Jaron Verlag Berlin, Broschur, ca. 160 Seiten, 80 Abb.) sowie eine DVD ("Friedrich II. und der Film", mit Erstveröffentlichungen historischer Preußen-Filme aus fünf Jahrzehnten, Edition des Filmmuseums Potsdam, Hrsg. Guido Altendorf, © 2012 absolut MEDIEN GmbH). Im Kino des Filmmuseums liefen Friedrich-Filme, flankiert von Vorträgen, Gesprächen und Buchpräsentationen.

Die Ausstellung präsentierte sich im Rahmen des Themenjahres von Kulturland Brandenburg 2012: Friedrich der Zweite von Preuszen, "Kommt zur Vernunft!" und wurd unterstützt vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und der Stadt Potsdam.

Medienpartner waren das rbb Fernsehen, Antenne Brandenburg und die Märkische Allgemeine Zeitung.