Daten und Fakten zur 3. Ständigen Ausstellung

Plakat zur Dauerausstellung

Die Ausstellung fokussierte die DEFA-Jahre, den Filmen der DDR wurde - gewollt und ungewollt - ein Denkmal gesetzt.
Es wurden die Filme und Künstler von Ufa, DEFA und Studio Babelsberg vorgestellt. Ein Zeitstrahl erinnerte an die Realität jenseits der Leinwand.

Wie groß war die Ausstellung?
Der Ausstellungsraum war rund 450 qm groß.

Wie viele Ausstellungsstücke gab es?
In der Ausstellung waren ca. 500 Originale, 750 Kopien und Vergrößerungen zu sehen:
- 220 Objekte (Kostüme, Requisiten, Modelle etc.)
- 60 Bücher bzw. Drehbücher (dazu 3 zur Benutzung angefertigte Bücher)
- 30 Programme, Zeitungen, Zeitschriften
- 80 Szenenbildentwürfe, Dokumente (ca. 150 als Kopien)
- 20 originale Fotos, 250 Vergrößerungen

Welche Stücke waren besonders wertvoll?
- Schulbank aus dem Film "Die Feuerzangenbowle" (1944)
- Exposé des 1. DEFA-Films "Die Mörder sind unter uns" (1946), 1945
- Kostüm aus dem Film "Die Buntkarierten" (1949)
- Perücke für DEFA-Indianerstar Gojko Mitic, getragen im Film "Spur des Falken" (1968)
- Kopie des Bildes "Manuel Osorio de Zuniga" von Francisco de Goya, gemalt von DEFA-Kunstmaler Alfred Born, 1970
- Scharfschützengewehr für Jude Law, benutzt im Film "Duell - Enemy at the Gates" (2002)
- zwei Silbernere Bären der Berlinale: Katrin Saß für "Bürgschaft für ein Jahr" (1982) und Andreas Dresen für "Halbe Treppe" (2003)
- Modell der Häftlingsbaracke und der Arbeitskoffer aus dem Film "Die Fälscher" (2006/2007), Stefan Ruzowitzky erhält für den in Babelsberg produzierten Film einen Oscar.

Wie viele Filmausschnitte waren in der Ausstellung zu sehen?
- 16 Bioscop, Ufa
- 50 DEFA
- 7 Studio Babelsberg
- 4 Zusammenschnitte aus Dokumentarberichten zur Zeitgeschichte 1945 - 1990
Die Filmausschnitte waren 3 bis 5 Minuten lang.

Was fand man im computergestützten Informationssystem?
Das System enthält mehr als 1 Millionen Datensätze zur Geschichte, zur Studiogeschichte, zu 3000 Filmen aus Babelsberg und zu mehr als 150 Schauspielern, die dort filmten. Dazu kommen mehr als 2000 Fotos und andere Dokumente. Die Texte sind zum Teil in englischer Sprache verfügbar. Die Datenbank wird ständig erweitert und gepflegt.

Wer konzipierte und gestaltete die Ausstellung?
Das Projekt leitete Museumsdirektorin Dr. Bärbel Dalichow.
Das Kuratorenteam bestand aus den Museumsmitarbeitern Guido Altendorf, Renate Schmal und Svea Lang.
Das Design der Ausstellung und des Infosystems sowie das Ausstellungsplakat wurden von der Berliner Firma "blotto design" unter Leitung von Prof. Heike Grebin entwickelt.
Die Berliner Firma "the co.de" entwickelte die Software für das computergesteuerte Informationssystem. Dessen Redaktion oblag Dr. Peter Warnecke.

Wer setzte das Konzept um?
Der Ausstellungsbau entstand im Art Department von Studio Babelsberg.

Was hat die Ausstellung gekostet?
Über 1 Million Euro wurde gebraucht und kam zusammen:
690 000 Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Finanzen aus dem Verkauf von Mauergrundstücken. Das Budget ergänzten Eigenmittel des Filmmuseums, Mittel der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und der Mittelbrandenburgischen Sparkasse Potsdam, der Stadt Potsdam, der InvestitionsBank des Landes Brandenburg, des Bundesarchiv-Filmarchivs, der DEFA-Stiftung, der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung u.a.

Gefördert von:
Ostdeutsche Sparkassenstiftung
Mittelbrandenburgische Sparkasse Potsdam
Stadt Potsdam, Hauptstadtmittel
InvestitionsBank des Landes Brandenburg
DEFA-Stiftung
Private Spenden
Studio Babelsberg GmbH, Art Department
Firma "blotto design"
Bundesarchiv-Filmarchiv
Progress Filmverleih
Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
Transit Film
Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv
Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf"


Babelsberg - Gesichter einer Filmstadt


Dr. Bärbel Dalichow
Museumsdirektorin

Das Filmmuseum Potsdam eröffnete 2004 die dritte Dauerausstellung zu seinem Sammlungs- und Forschungsschwerpunkt: Kinofilme aus dem Babelsberger Studio seit 1912.
Die Kurzgeschichte von Babelsberg? Vielleicht so: Ein Berliner richtet in einer verlassenen Fabrik auf Ödland eine Filmmanufaktur ein. Nach ein paar Jahren steht dort das größte Filmstudio Europas. Immer wieder droht ein wirtschaftliches Desaster, aber zwei Diktaturen und 90 Jahre später drehen dort Weltstars in hochmodernen Studios.
Happyend? Hoffentlich. Die Medienstadt hat vier Gesellschaftssysteme überlebt, im fünften wird sie 2012 ihren 100. Geburtstag feiern: Das Wunder von Babelsberg!

Als Gérard Depardieu 1994 in Babelsberg drehte, wollte er bei einer Pressekonferenz etwas Nettes sagen: Er freue sich, dass nun, fast 60 Jahre nach Kriegsende, hier endlich wieder Filme gedreht werden. Da irrte der Star! Trotz zahlloser Krisen produzierte Babelsberg seit 1912 beinahe ununterbrochen. Sein berühmter Kollege Jean Gabin hat nicht nur in den 30er, sondern auch in den 50er Jahren in Babelsberg vor den Kameras gestanden.
Es gab Flauten, aber nur eine Pause: von April 1945 bis Dezember 1947.
Zehn Jahre regierte die Bioscop in Babelsberg, 23 Jahre die Ufa. Die DEFA prägte 46 Jahre lang das Gesicht des Studios. Seit 1992 verändert Studio Babelsberg den Ort gründlich.

Grundstücke des einst 46 Hektar großen Geländes wurden an den ARD-Regionalsender ORB (heute rbb) und an den Filmpark verkauft, das Gelände wurde modernisiert und mit neuen Gebäuden komplettiert. Die Ufa Film- und Fernsehproduktion und zahlreiche kleinere Medienunternehmen siedelten sich an. Die Filmhochschule "Konrad Wolf" und das berühmte Babelsberger Filmorchester haben dort ihr Domizil.

Kino- und Fernsehfilme sind ein Zeitspiegel.
Sie speichern Gesten von Menschen, ihr Lebensgefühl, den Stand der technischen Möglichkeiten und den Rhythmus einer Epoche - großartige Ideen ebenso wie Marotten.
Weil die Filmherstellung in Babelsberg zwei Diktaturen besonders eng verbunden war, sind manche Filme im Zusammenhang mit der Zeitgeschichte heute noch interessant.

Die Ausstellung ist zeit- und filmhistorisch synchronoptisch angelegt.
Den Eingangsbereich der neuen Ausstellung bestimmen Bioscop und Ufa. Im Hauptteil wird die DEFA-Geschichte gezeigt und der letzte Raum ist der Nachwendezeit und der Gegenwart von Studio Babelsberg gewidmet.
Die Ufa exportierte ihre Filme weltweit. Wenigstens einige Filmtitel und Bilder sind im Gedächtnis vieler Deutscher gespeichert, durch Zeitungsberichte über Stars von damals, durch Bücher, Ausstellungen und vor allem durchs Fernsehen.

Die DEFA, Filmmonopolist der DDR, ist heute beinahe - wenigstens für die Jungen und alle Weltbewohner außerhalb des früheren DDR-Territoriums - eine Terra incognita.
Diesen zeitlich bisher längsten Teil der Babelsberger Filmgeschichte beleuchtet die neue Dauerausstellung des Museums besonders: Antifaschistische DEFA-Filme wurden exportiert und auf vielen internationalen Festivals geehrt.
Die Kinder- und Märchenfilmproduktion sind Evergreens. Indianerfilme sorgten für volle Kinos, in der DDR und im Ostblock. Armin Mueller-Stahl, Angelica Domröse und Manfred Krug blieben Stars, auch nachdem sie die DDR verlassen hatten.
Der DEFA-Teil der Dauerausstellung, in vier Perioden übersichtlich gegliedert, zeigt nicht nur Highlights, sondern Filme aus dem gesamten Produktionsspektrum - Mäßiges und anbiedernde Politfilme inklusive - parallel zur Zeitgeschichte, deren Teil sie sind.
Die wachsenden Sammlungen des Museums bilden Basis der Dauerausstellung. Sie zeigt neben Filmausschnitten, Fotos und Texten, auch Kostüme, Drehbücher, Szenenbildentwürfe, Modelle, Requisiten und technische Geräte, in denen Zeitgeist und Können von Technikern, Künstlern und Handwerkern gespeichert ist.
Die ausgewählten Filmkostüme charakterisieren DDR-Lebenswirklichkeit und DDR-Traditionen. Es gibt Alltagskleidung aus Gegenwartsfilmen, Uniformen von Militär, Polizei und Massenorganisationen, Häftlingskleidung von Antifaschisten aus der Nazizeit. Für die arme Nachkriegszeit steht ein Kleid aus Bettwäsche. Den Anspruch auf das humanistische Erbe der deutschen Literaturgeschichte macht u. a. ein aufwändig genähtes klassizistisches Kostüm aus dem Thomas-Mann-Film "Lotte in Weimar" deutlich. Man findet sogar ein Beispiel für subversiven Geist: 1987 schmuggelte der Regisseur in seinen Film "Die Entfernung zwischen dir und mir und ihr" ein T-Shirt mit einem Fotoprint des genialen Säufers und amerikanischen Kultbuchautors Charles Bukowski.

In den 90er Jahren verschliss Studio Babelsberg mehrere Geschäftsführer, zu denen auch Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff gehörte. Internationale Produktionen kamen nach Babelsberg, sogar Manfred Krug und Armin Mueller-Stahl kehrten mit einzelnen Projekten ins Studio zurück, aber das Studio blieb defizitär.
1999 zog die DDR-Komödie "Sonnenallee" Millionen in die Kinos, dagegen erfüllten Prestigeprojekte wie "Marlene", über den einzigen Weltstar, den das Studio je hervorgebracht hat, die Hoffnungen nicht.
Requisiten, Kostüme und Fotos erinnern an die Nachwendejahre. Besonders stolz ist das Museum auf Andreas Dresens Silbernen Bären für "Halbe Treppe" von 2002.
Nach dem Rückzug des französischen Konzerns Vivendi 2004 bemühen sich die neuen Geschäftsführer um Fernsehaufträge, um Hollywoodproduktionen und seit 2006 auch wieder um deutsche Filme - in einer Vitrine am Ende der Ausstellung sind jeweils die neuesten Erinnerungsstücke zu sehen.

Das Informationssystem ist zweisprachig, denn Potsdam ist Touristenstadt mit internationalen Gästen. Per Touchscreens finden sie schöne Fotos, Klatsch und seriösere Erinnerungen an bekannte Schauspieler. Besucher, die Zeit mitbringen, erfahren wie Filme und Studiogeschichte in Deutschland- und Weltgeschichte eingebettet sind.

Das lange Leben der Filmstadt ist eine Kollektivleistung mehrerer Generationen. Künstler, Handwerker, - darunter ungezählte Kostümbilder, Schneider und Fundusmitarbeiter - Erfinder, Buchhalter, Organisatoren, Direktoren, Geschäftsführer und Politiker haben an Babelsbergs Ruf mitgewirkt.

"Babelsberg - Gesichter einer Filmstadt" von Asta Nielsen über Katrin Saß bis zu Catherine Zeta-Jones, von Kriegsverherrlichung in "Kolberg" über den antifaschistischen Konrad-Wolf-Film "Ich war 19" bis zum oscargekrönten Antikriegsfilm "Der Pianist" - die Geschichte von Filmen aus Babelsberg, teils Kunst, teils Unterhaltungsware, teils ideologisches Beeinflussungsmittel, wird in Potsdam neu erzählt.